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Gustav Theodor Fechner  * 1801   † 1887,  deutscher Physiker und Natur-Philosoph

Gustav Theodor Fechner in der deutschen Wikipedia

Im Vorwort zu  "Integrale Psychologie" [ Arbor-Verlag, Freiamt, 2001] fragt der Autor Ken Wilber nach den Ursprüngen der Psycholgie und weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf Gustav Theodor Fechner hin.

Neben seinem Buch über das Seelenleben der Pflanzen und seinem  Büchlein vom Leben nach dem Tode, hat mich vor allem Fechners Text über die Lust als das höchste Gut der Menschheit besonders beeindruckt. Die abschliessenden Absätze klingen nahezu prophetisch:

Eine Moral und Religion muß einst kommen, nicht als Zerstörerin der bisherigen, sondern als Blüte über der bisherigen, welche das Wort Lust wieder zu rechten Ehren bringt. Eine solche wird die Klöster schließen und das Leben öffnen und die Kunst heiligen, und doch heiliger als alles Schöne das Gute halten, was nicht bloß lustzeugend ist in der nahen Gegenwart, sondern für alle Zukunft und rings im Kreise; und als das Heiligste von allem Guten Gott halten, der alles Gute in seiner Hand und alle Guten unter seiner Hut trägt und alle Bösen zuletzt unter diese Hut rettet.

Die Kirche ist zwar schon erbaut, die Gemeine schon da, wo die Lehre vom Trachten nach der größten Lust gepredigt wird; denn Gott selbst hat sie gegründet am ersten Schöpfungstage, und die Stimme seiner Predigt ist von jeher stärker erklungen als alle menschliche Predigt; alles menschliche Trachten hat von jeher die Richtung auf die größte Lust genommen. Aber ein großer Nebel liegt um die große Kirche; die Gemeinde findet sich nicht zusammen; die Worte verhallen halb verstanden und mißverstanden. Nun erhebt sich auf der höchsten Thurmeshöhe das kleine runde Gesetz von der größten Lust wie ein leuchtender Knopf, und nachdem er lange still über den Nebeln geglänzt, kommt einst eine Sonne, die sie zerstreut, und glänzender und glänzender beginnt er allmählich zu leuchten. Und wenn das Glöcklein, was den Strahl, der es der eigenen Nacht entnommen, dankbar verkündet hat, längst verhallt sein wird, wird auch wohl einst eine mächtigere Glocke tönen, die mit gewaltigerer Zunge alle zum einträchtigen Eintritt in diese Kirche rufen wird, von deren Gipfel das Licht des Höchsten wiederstrahlt.

 

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Gustav Theodor Fechner  Über das höchste Gut   Leipzig, 1846        

 

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